erst einmal die Kurzversion: Wer ein Faltrad oder gar zwei sucht, die durch die schmale Heckklappe des RM 35 L passen, für den ist das Dahon Classic aus den späten 1980er bis 1990er Jahren vielleicht die richtige Wahl.
So sehen die Räder im fahrbereiten Zustand aus:

Und so wenn sie im Kofferraum liegen:

Und nun die zugegebenermaßen recht lange Langversion der Geschichte:
Zwar habe ich einen - zurzeit allerdings abmontierten - Heckträger mit 120 kg Traglast. Da soll eigentlich auch ein Moped drauf. Doch dieses Moped dürfte dann nur ich fahren, denn der Junior kann frühestens nächsten Sommer seinen Führerschein Klasse A1 machen. Also habe ich den Themenkomplex „Moped“ erst einmal auf 2019 vertagt. Und auch den Heckträger habe ich für diese Saison gestrichen, da ich den Arnold in seiner Kompaktheit so wie er ist, einfach perfekt finde.
Aber so ganz ohne Zweirad-Untersatz ist auch blöd. Also Fahrradträger kaufen und montieren? Für eine und vielleicht noch eine weitere halbe Saison? Gefiel mir auch nicht.
Und dann kam die Idee. Es gab doch früher diese komischen Klappdinger. Gibt es die überhaupt noch? Und falls ja, wie ist dort der aktuelle Stand? Aber langsam, erst einmal Kofferraum ausmessen, besonders die Höhe der Klappe. Also erster Fakt war, dass mein Kofferraum rund 68 cm tief ist, bis zu 150 cm breit, und die Öffnung der Heckklappe als alles dominierendes Maß knapp 30 cm hoch.
Ein Falt/Klapprad mit zusammengefaltet unter 30 cm Breite, gibt es das, was kostet das, welches sind die guten, welches die schlechten, neu oder gebraucht? Wahrlich ein weites Feld. Also erst einmal auf dieser Seite http://www.faltraeder.com/ begonnen, sehr empfehlenswert und lehrreich, wenn man keine Ahnung von der Materie hat. Schnell landet man bei der Marke Brompton aus London. Sehr feine Räder, super kleines Faltmaß (57 x 59 x 27 cm) und richtig teuer, genauer gesagt viel zu teuer. (Damit war Brompton raus, aber ich habe trotzdem noch einmal ein wenig weiter geschaut, siehe Fußnote * unten.)
Als nächstes bleibt man bei Dahon hängen, eine amerikanische Firma, die seit Mitte der 1980er Jahren den Faltfahrradmarkt regelrecht aufgerollt hat und weltgrößter Produzent dieser Gattung sein soll. Dahon bringt andauernd verwirrend viele neue Räder heraus, kann zuweilen nicht liefern, die Eigentümerfamilie hat sich zudem zerstritten und macht sich untereinander Konkurrenz, die Ersatzteilversorgung soll auch recht unzuverlässig sein. Aber sie bauten von Anfang an Räder, die auf der ganzen Welt geliebt werden und deren Preis-Leistungsverhältnis als absolut attraktiv gilt. Und noch viel wichtiger, sie hatten und haben als einzige neben Brompton immer Räder im Programm, die die für den Arnold magische Grenze von 30 cm Breite unterschreiten. Zudem gibt es Dahons in ausreichender Zahl auf dem Gebrauchtmarkt, häufig sogar im praktischen Zweierpack.
Nun stand fest: zwei Dahons müssen her. Und wenn wir schon einen Reisemobil-Klassiker fahren, dann darf es auch das klassische Dahon-Faltrad sein, gewissermaßen das Ur-Dahon, genauer gesagt dieses hier. Auch in Italien sehr beliebt und in Asien gerne fotografiert. Das absolute Kompetenzzentrum zur Materie befindet sich in Thailand.
Dieses Faltrad wurde von Mitte der 1980er (anfangs noch unter der Marke Hon) bis mindestens in die späten 1990er Jahre gebaut und man findet es unter den Bezeichnungen Dahon California, Classic I, II oder III, zuweilen auch Niro oder schlicht Getaway und noch weiteren Namen. Aber egal, wie es heißt, es ist immer zusammengefaltet unter 30 cm breit und die Anleitung zum Falten kann man noch bei Dahon downloaden, darin auch die technischen Daten der verschiedenen Versionen.
Das Classic – nennen wir es fortan einfach so – gab es mit Dreigang-Nabenschaltung und verschiedenen Kettenschaltungen, ganz selten ist auch gar keine Schaltung vorhanden. Da ich das Gehudel mit der Kette bei Kettenschaltungen nicht mag, konzentrierte sich die Suche auf Räder mit Nabenschaltung. Weiterer Unterschied ist, dass man bei einigen Modellen den rechten Kurbelarm am Kettenblatt samt Pedale nach innen klappen konnte, bei anderen nur die Pedale. Ersteres gefiel mir besser. Es gab das Classic in lackierter Stahlausführung (oft rot, blau, schwarz, zuweilen auch u.a. grün und gelb), aber auch in einer silberner angeblich nicht rostenden und etwas leichteren Edelstahlausführung, die besonders Bootseigner ans Herz gelegt wurde. Und dann existierten noch Modelle mit der charakteristischen Querstange vom Rahmen zum Lenker, aber später auch solche ohne. Aus diesen Variablen ergab sich nun folgender Kriterienkatalog: unbedingt mit Nabenschaltung, möglichst mit klappbaren Kurbelarm, lieber mit Querstange und gerne auch in silbernem Edelstahl.
Die Markbeobachtung erbrachte, dass sich so etwas durchaus finden lässt, nur nicht unbedingt hier und heute. Gefühlte 70 bis 80 Prozent der Dahons werden nördlich des Mains in den PLZ-Gebieten 0, 1, 2, 3 und 4 angeboten. Mein Gebiet ist aber bevorzugt rechts und links der Grenze zwischen PLZ 6 und 7, wo das Angebot eher mager ausfällt.
Dahon-Classic-Räder werden zu extrem unterschiedlichen Preisen angeboten. Zuweilen werden schon einmal unverschämte Beträge von weit über 300 bis zu 500 oder gar 800 Euro gefordert („Kult“, „äußerst selten“ „so nicht mehr zu bekommen“ blablabla). Es gibt aber auch schon einmal zwei Räder für zusammen 100 oder 180 Euro. Die sind dann aber auch innerhalb Minuten, maximal in ein, zwei Stunden, verkauft. Wenn man den Markt ein paar Wochen beobachtet, stellt man fest, dass immer mal wieder Räder zwischen 100 und 150 Euro auftauchen, die dann auch meist schnell verkauft sind. Alles über 200 Euro dagegen entwickelt sich in der Regel zur Standgurke.
Plötzlich ging ein Rad in 40 km Entfernung, das ich schon länger unter Beobachtung hatte, im Preis Schritt für Schritt auf 80 Euro hinunter. Aber es besaß keine Klapppedale und dürfte damit über den magischen 30 cm liegen. Also den Verkäufer angeschrieben und das Problem kurz geschildert. Der Mann war praktisch veranlagt, montierte die Pedalen kurzerhand ab und schickte ein Foto, bei dem der Zollstock beim zusammengefalteten Rad knapp aber deutlich unter 30 cm lag.
Nun, ich bin hingefahren und habe es gekauft. Es war nicht das erste und das letzte Faltrad, das der gute Mann verkaufte und so gab es obendrauf eine ausführliche Einweisung in die Handhabung des Dahon Classic plus Tips, was man wo bekommt, falls doch einmal etwas ist.
Am nächsten Tag habe ich erst einmal Klapppedalen besorgt und montiert. Und dann gefaltet. Okay, die ersten Versuche waren etwas vermurkst, irgendein Teil stand immer im Weg. Aber plötzlich fügte sich doch alles ineinander. Zollstock angelegt: 28 cm! Ab zum Arnold, Kofferraum auf, Rad rein. Passt und zwar super und leichter als gedacht.
Rad Nummer 1 war also erledigt und man selber schon ein kleiner Dahon-Classic-Spezialist. Da tauchte Rad Nummer 2 auf. Nur ein Bild und mit „gut erhalten“ auch nur zwei Worte Beschreibung. Irgendwie machte es einen etwas grottigen Eindruck, aber nur 30 km entfernt und die silberne Edelstahlausführung, außerdem mit den originalen Schutzblechen, die zuweilen fehlen und nicht mehr aufzutreiben sind. Fahren wir einmal hin und schauen. Ergebnis war ein Zweirad mit deutlichem Handlungsbedarf. Aber bevor ich jetzt noch weiter suche, handelte ich es kurzerhand auf 75 Euro runter und nahm es mit.
In den nächsten Tagen bekam es einen neuen Sattel, schicke Lampen, neue Weißwandreifen, die Bremsen erhielten neue Bremsschuhe und wurden ordentlich eingestellt und auch der Putzlappen war mächtig im Einsatz. Nun ist es ein schickes Dahon Classic in Edelstahl mit ein wenig Patina. Es ist übrigens auch spürbar leichter wie das rote in normaler Stahlausführung.
Aber wie fahren sie sich denn nun, diese putzigen kleinen Dinger mit ihren 16 Zoll Rädchen? In Stadskanaal war der erste Härtetest, insgesamt rund 35 km. Sagen wir mal so: Die ersten drei Kilometer macht es richtig Spaß, die nächsten zwei sind auch noch okay. Aber dann haut die völlig ungefederte Masse doch langsam durch, es wird zunehmend unkommod.
Fazit: Bis 3 km einfache Strecke perfekt, bis 5 km noch ganz okay, darüber geht auch noch, muss aber nicht unbedingt sein.
Viele Grüße
Christoph
* zu Brompton:
Machen wir uns nichts vor: Das Maß der Dinge für die knapp 30 cm hohe Heckklappe des Arnolds ist und bleibt das Brompton, seit Ende der 1980er Jahre ebenfalls ein Klassiker, der immer nur leicht verändert und seit eh und je in London handgefertigt wird. Die Firma hat nicht nur einen ausgezeichneten Ruf, sondern ebenso einen ausgezeichneten Service mit zahlreichen Fachhändlern auch in Deutschland.
Modulartig kann man sich sein Modell im Brompton-Konfigurator zusammenstellen. Nackt, ohne Gangschaltung, Schutzbleche und Beleuchtung geht es aktuell bei 1089 Euro los. Wer das volle Programm wählt, landet bei über 3.600 Euro. „Mein“ minimalstes Wunsch-Brompton käme auf einen Listenpreis von 1.455 Euro.
Die Brompton-Händler haben eine recht hohe Preisdisziplin, Rabattschlachten gibt es nicht. Wenn Brompton-Händler überhaupt mit Nachlässen werben, belaufen sich diese meist im Bereich von maximal 15 Prozen für Lagerware aus dem letzten oder gar vorletzten Modelljahr.
Wer sich ernsthaft für ein Brompton interessiert, sollte sich als erstes im Forum bei den http://www.bromptonauten.de einlesen. Dort findet sich auch eine sensationelle Kaufberatung für gebrauchte Bromptons. Da die gesamte Website wohl schon länger umstrukturiert wird, muss man sich diese allerdings etwas unbequem aus dem Quelltext kopieren. Dann ist diese Kaufberatung sage und schreibe über 170 Seiten lang und geht – wenn auch nicht mehr ganz aktuell – penibel (und gut lesbar) auf jedes Detail des Bromptons jeder Generation ein. Vor- und Nachteile werden aufgezeigt, Nachrüstmöglichkeiten mit Preisen genannt, Gefahrenstellen präzise benannt.
Es gibt allerdings auch eine ernüchternde Kernbotschaft: Wer sich nicht mit Brompton auskennt, sollte besser die Finger davon lassen. Denn die Preise auf dem Gebrauchtmarkt sind so ins Irrationale abgedriftet, dass ein Neukauf für wenige hundert Euro mehr oft die vernünftigere Lösung ist. Meine kurzzeitige Markbeobachtung bestätigt das durchaus.
Der günstigste Weg zum neuen Brompton führt im Moment über England, da dort die Preise spürbar günstiger sind. Aber die dortigen Händler dürfen zwar Ersatzteile, aber keine kompletten Bromptons nach Deutschland versenden und halten sich wohl auch daran. Wenn ich allerdings in London im Laden stehe und gerne ein komplettes Brompton mitnehmen möchte, wird man mir auch gerne eines verkaufen. Und noch kann man es zollfrei nach Deutschland einführen ...
